Samstag, 13. April 2013

Politik der Videos – Tocotronic – »Ich will für Dich nüchtern bleiben«


Gleich noch einmal zwei Videos hinter her. Aus guten Grund. Vor ein paar Tagen kam von Tocotronic der Clip zur neuen Single raus. 
Ich bin kein großer Fan von Tocotronic. Ich mag die Politik der Band aber die Musik, die Romantik und der TKKG Schick, alles nicht richtig meins geworden. Aber Frieda sagt, der Dirk der ist okay. Und dann will ich das auch glauben. Das neue Video würde dieses Urteil stützen, denn die Geschichte die darin erzählt wird, ist eine Geschichte über die Geschichte des Liedtextes hinaus. Also nicht seine bloße Verdopplung/Bebilderung. Nicht, dass die zweite Geschichte nicht erster schmeicheln würde, sie an den richtigen oder zumindest ausreichend vielen Stellen stützen würde. Das tut sie. Aber es gibt eben immer noch das MEHR an Geschichte. Und dieses fokussiert fast Ausschließlich auf Ulli, der zum Personal des Golden Pudel Clubs in Hamburg gehört. Ich, wahnsinnig großer Pudel Fan, kann nicht sagen, dass mir Ulli sonderlich bekannt ist. Womöglich zwei aber höchstens dreimal gesehen. Vielleicht liegt es daran, dass Sonntags (bzw. Montags) der Pudel/MFOC nicht so lange auf hat. Kann sein wir Gäste sind aber auch schon daheim ins Bett geschlüpft oder sitzen im ersten Zug nach Bremen. Ich will mich jetzt mal auf keine Version festlegen wollen. 
Jedenfalls gehört eben jener Ulli zu den halbsichtbar/-unsichtbaren Gestalten des "Kulturlebens", ohne die unser Feiern nicht möglich ist. Und vlt erzählt deshalb das Video eine Geschichte von Ulli, neben vielen die es zu erzählen gäbe. Weil eben diese Form der Geschichtsschreibung, hinter den großen Machern, Musiker, Djs, Crowds und Szene Paradiesvögeln verschwindet oder zu verschwinden droht.
Ich weiß nicht ob es dieser Zeitperiode besonders anhaftet, alles dasjenige auzublenden – nicht das – was den Reichtum gefährdet, sondern vielmehr was ihn ausmacht. Wir/die Profiteure der schlecht bezahlten Arbeit, wollen uns/sich nicht vorwerfen lassen Gefühllos zu sein, deswegen wird dies alles weg-und ausgeschlossen, was uns in Bedrängnis bringt. Es gibt nur noch das schöne Radioprogramm, die gesunde Ernährung, die Fotos von lachenenden Journalisten und Wissenschaftlern. Und da wo die/wir Leute früher herzlos waren, sind sie/wir heute blind. Tocotronic schauen nur ein kleines bisschen durch diesen versperrenden Vorhang und dafür, Hut ab!
Zweiter Gedanke war, nachdem ich das Video gesehen habe, dass das irgendwie nur in Hamburg geht. Es ist fast so, als würde die/der HamburgerIn jedesmal beim schauen nur den Schattenumriss eines Objekts fokussieren können. Und so aus der Not eine Tugend machen. Ich habe mich bei Facebook dazu hinreißen lassen, zu schreiben, dass dies in Berlin nicht möglich ist. Wenn so ein Video in Berlin gedreht werden würde, dann wäre vmtl. der Türsteher vom Berghain Sven Marquardt zu sehen. Nicht das dieser das nicht verdient hätte und er wäre mir auch xmal lieber als jedes Alter Ego von Pfeife Paul Kalkbrenner. Aber es geht um den Kniff, nämlich was mit einer Realitätsdarstellung gezeigt werden will oder kann.
Aber auch um mich selbst zu entkräften, noch ein Video von einer Band, der ich nicht sonderlich nahe stehe. Dafür aber den Produzenten des Videos – Naiv Super. Deshalb meine ich auch schon einmal ausführlich darüber in diesem Blog geschrieben zu haben. Also nur ganz kurz. Die Haltung ist eine ähnliche und somit auch ein Plädoyer für ein erzählendes Musikvideo, statt der bloßen Aneinanderreihung von wechselnden Effekten. Die Jungs wohnen mittlerweile, vlt aber auch schon damals in Berlin. Insofern kann man auch Geschichten in Berlin schreiben/cutten, aber es wird wohl noch dauern, bevor man sie in Berlin den Berliner abgeschaut hat.

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