Sonntag, 24. Oktober 2010

Christoph 50 Schlingensief

Heute wäre es soweit gewesen. Christoph ein halbes Jahrhundert alt – aber wir wissen das es nicht so gekommen ist. Einige Freunde von mir haben sich gewundert, wieso das hier nicht stärker thematisiert wurde. Ich weiß es selber nicht. Ich hatte es vorgehabt. War/bin aber mit den neueren Sachen nicht mehr so vertraut. Vlt ist mir die Euphorie meiner Kennenlern-Phase selbst ein bisschen peinlich geworden. Auch die Krebsthematisierung erschien mir – über ihre tatsächliche Dramatik hinaus – als ein Vorgang den Deutschland brauchte, um sich mit seinen verkrachten Künstler zu versöhnen. Der Weg dafür wurde sicherlich schon irgendwo vor dem Berg bei Bayreuth bestritten. Aber nein, ich habe darin keinen Verrat gesehen (Schlingensief wurde ja lange oder oft versucht, von "Linken" quasi einzugemeinden.) Gerade die Deutschlandtriologie lieferte dafür einige Anschlussstellen. Ergänzend dazu, ist die Dokumentation zur Container Aktion in Wien zu empfehlen. Dort erkennt man Ansatzweise, wieso dies nicht möglich werden konnte. Die Logik Schlingensiefs entzog sich einfach der Stringenz bzw. der Zweckrationalität herkömmlicher Politik Strategien. Trotzdem war Schlingensiefs Arbeit eine Erziehung zur Mündigkeit. Im besten Sinne. Nicht das es keine Zweckrationalen Verbindungen vom Künstler zum Politiker und umgekehrt gegeben hätte. Aber man macht sich lächerlich, wenn man das speziell den Politikern vorwerfen würde. Die Erwartung Schlingensiefs an die Politiker, hätte bei strikter Befolgung, durchaus den Charakter eines ausgewachsenen Despotismus gehabt. So scheint es mir jedenfalls. Was wird aber bleiben, wenn sich linke Politik von dem Werk Schlingensief abwendet (oder sogar zuwendet?)? Sicherlich boten die letzten Arbeiten/Projekte Kirche der Angst/Festspielhaus Afrika ersteinmal viel weniger Anknüpfungspunkte als zum "Frühwerk". Aber selbst wenn man sich nicht mit diesen Arbeiten beschäftigen möchte, was ich für Notwendig halte, sollte man dann doch wenigstens das Frühwerk gegen die dümmsten aber gegenwärtigen Lesarten in Schutz nehmen. Die Filme waren viel viel mehr als Provokation, Selbstdarstellung oder Eskapismus eines genialen Künstlers. Dass ist das, worauf man das Werk so gerne runterbricht, weil man Rezipienten nicht überfordern möchte, oder selbst nicht fähig ist derartige Komplexität zuzulassen. Gerade Gestern und Heute konnte und kann man sich davon überzeugen, wie sehr Schlingensiefs Arbeiten präziese Reflexionen der deutschen Transformationsprozesse und denen Deutschlands waren und diese auch kritisiert hat. Die Öffentlich-Rechtlichen kommen ihren Sendeauftrag halbwegs nach. Was eigentlich den deutschen Künstler würdigen sollte, wird jetzt zu einer Nachlese. Bei D-Radio läuft gerade das Hörspiel Rocky Dutschke ´68 und Lager ohne Grenzen um 0.00Uhr. Bei Hördat (die toller Weise gerade ihr Zehnjähriges feiern) kann man nach Christoph suchen oder nach den heutigen Hörspielen etc. Leider sind deren Inhalte nicht permanent verlinkbar. Und in den TV-Spartensendern der ARD gibt es jede Menge zu sehen. Heute Nacht wird die gesamte Deutschlandtriologie bei 3.Sat gezeigt. Zur unchristlichen Zeit. Es gibt eine Übersicht bei Prisma nachzulesen. Man muss da auf das TV-Programm Tab klicken und sieht dann, was demnächst geboten wird. Einige Sachen sind für alle die, die digitalen Sender nicht übers Fernsehen empfangen, bei Zattoo anzusehen. Muss sich zwar anmelden, kostet aber nichts. Über den Browser gings gestern sehr gut. Also hören, sehen, denken, schenken, lenken, verränken. Nacht.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

schlingensief-portrait im november im kino46.
lichtspiel immer geiler.