Samstag, 16. April 2011

Marina Abramović und VALIE EXPORT haben die Hosen an

Marina Abramović, Aktionshose: Genital Panic (Valie Export, 1969)

VALIE EXPORT - Genitalpanik: Actionshose (Genital Panic: Action Pants), 1969
photo by Peter Hassmann

Sicherlich stellen Genitalpanik und das Tab und Tast Kino Ikonen feministischer Kunst dar. Zumindest dürften sie als erstes mit VALIE EXPORT oder für sie identifiziert werden. Wenn denn das "Kunstwerk" und die Künstlerin überhaupt bekannt sind. Mit einer solchen Verkürzung geht sicher auch ein Teil der Deutungsvielfalt des Exponats verloren (Was das für die Künstlerin selbst bedeutet bleibt hier ausgespart). Vlt ein Grund für Marina Abramovic eine dieser Ikonen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Allemal ist ihre Aktion mehr als eine bloße Hommage. 
Vlt steckt in dieser Befragung sogar eine Verschärfung, die auf einer Entschärfung beruht. 
Denn historisch gesehen, muss man EXPORTs Beitrag wohl auch als eine Kritik an einem populären Frauenbild der 60er Jahre lesen (welches bis heute in schwankenden Anteilen und Ausdifferenzierungen existiert), den Exotismus der Amazone oder wehrhaften Frau (1967 der Film Bonnie&Clyde / Tank Girl in den 90er Jahren etc). Dieser Anteil scheint in dem Foto von Abramovic durchstrichen. 
Nichts erinnert mehr an eine PinUp Aufnahme. Kein körniges Schwarz/Weiss Foto, wie es mit dem billigen Papier und dem Druck von Strip Zeitungen assoziiert werden könnte (auch wenn das Setting vor dem EXPORT agiert – damals wie heute – irritierend sein dürfte) und Abramovic entspricht auch nicht mehr dem Bild der Tochter oder Schwester, um einmal einen Gedanken von V. Solanas aufzugreifen. Das Bild von Abramovic ist eine farbige Abbildung, deren Bildausschnitt und Blickwinkel eine Distanz – wie bei EXPORT – gar nicht zu lässt. Nun könnte man meinen, dass eine Farbfotografie und auch die Nähe zum Geschlecht heutiger Erotik/Pornografie Darstellungen viel eher entspricht. Formal gesehen ist das Richtig aber das Foto vermittelt trotzdem nicht diesen Eindruck. Es hinterfragt nachwievor die Aktualität und die Bedingung der Bedrohlichkeit des weiblichen Geschlechts. Oder verstärkt diese noch im Vergleich zu EXPORT? Mag jede und jeder selbst entscheiden oder besser eine Antwort auf diese Frage stellen.
Eins sei noch kurz hinzugefügt. Es geht bei den Aktionen nicht um eine Skandalisierung, wie sie häufig mit der Rolle des Künstlers (der Künstlerin?) verbunden wird. Auch wenn nachwievor Teile des real existierende Bürgertum sich dererlei Kunst nur über die Skandalisierung nähern kann oder will.
Nun sollte man nicht vorschnell in falsche oder richtige Reaktion teilen, denn der Skandal ist nur die stärkste Reaktion auf das Gefühl der Bedrohung. Und von einer gewünschten Entdramatisierung ist diese Gesellschaft weit entfernt.
Ein interessantes Interview mit VALIE EXPORT ist hier zu lesen.
Danke an Hello Vagina für so viel Anregung ;-)

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