Freitag, 6. November 2009

Zeitraffer


Bild von  ikebana

Als ich Gestern in der Bibliothek saß, dachte ich, ich müsste über das Mädchen, welches mir gegenüber saß, einen Text schreiben. Ich sehne mich aber den ganzen Tag nur nach meinen Bett, mit dem es das Schreiben nicht aufnehemen kann.
Aus Anstand leg ich mich aber nicht hin und gehe in die Bibliothek, wie andere zur Arbeit gehen. Obwohl ich auch in einer Bibliothek arbeite.
Gelegentlich das eine mit dem anderen verbindend. Ausrede und Pflicht.
Ich kann auch in der Bibliothek schlafen. Über den Tisch gebeugt, auf den Armen liegend. Wie Obdachlose in Suppenküchen, wie wir sie von Fotos der Weltwirtschaftskrisen kennen. Die Angst liegt Probe. Das Mädchen, das mir gegenüber saß, wird bestimmt Kunstlehrerin. Furchtlos. Schlimmste Sorte. Ihren Schaumkuss (Negerkuss, jeder weiß was gemeint ist und alle wie) hat sie sich beim Bäcker gekauft. Den Schaumkuss, EINEN, in tausend kleinen Bissen dann doch verschlungen. Wobei die Finger nach jedem Biss an der Papiertüte des Bäckers abgewischt wurden. So entstand auf der Tüte des Bäckers eine schokoladige Fingerfußspur. Ganz reizend. Auch die Keramiktasse, für das Heissgetränk aus der Thermosflasche (mit Becher als Verschluss). Wie ein Kleinkind, das den einen Gegenstand fallen lässt, so bald es sich mit einem anderen Gegenstand beschäftigt, gingen ihre Hände vom Schokokuss, zum Papier, zur Tasse, zum Schokokuss, zum Papier, zur Tasse. In solchen Momenten bin ich mir nicht sicher, ob betreffende Personen nicht durch eine Ohrfeige aus dem Kreislauf befreit werden müssen, in dem sie sich möglicherweise unfreiwillig verfangen haben. Oder schreiend zu deklamieren, dass das Essen - welches sich zu einem mittelgroßen Imbiss (zumindest zeitlich ) ausgewachsen hat – in der Bibliothek verboten und das Trinken aus nicht verschließbaren Gefäßen, noch dem hirnrissigsten Menschen als ganz unnötige Gefährdung von Lehrmitteln gelten sollte. Ich habe nichts dergleichen getan. Stattdessen ihren Pullover aus den Augenwinkeln begutachtet, ein orangenes großmaschiges Strickwerk, welches je nach Temperaturbedingung, von einem lila Strickponcho bedeckt wurde. Vielmehr ein Strickdecke, von  Händen mit den rötesten Fingernägeln die ich jemals sah, zum Poncho zusammengehalten.
So sieht es wohl aus, wenn mensch die kleinsten Dinge zu den Größten macht, um sich an ihnen die Schönheit des Leben zu beweisen. Wenn mensch denkt, es wäre ein Ausdruck der besten Freiheit, wenn jeder Raum um einem herum, zum Wohnzimmer gemacht werden muss, in dem alle anderen immer nur die Gäste sind und sich als solche zu verhalten haben.
Jede_r wird es gemerkt haben, in meiner Wohnstube herrscht Knute und Peitsche und werden Kekse zum Tee gereicht.
nacht

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